Ew'ger Ruhm durch Rum?

Wenn tosend an die Klippen klatscht die See
und grüne Algen überziehn den Kai,
wenn drüben stürzt ein Wasserfall mit Macht
ins Meer hinab vom sturmumtobten Fels,
dann reizt es mich, geschützt am warmen Herd
mit vollem Glas zu sitzen, meist mit Rum.

Er schmeckt mir gut gerade jetzt, der Rum,
beim Blick auf Kälte pur, auf raue See,
wenn stark geschürtes Feuer dort im Herd
den Rücken heizt und Brandung schlägt den Fels!
Bedichten kann ich so den grünen Kai,
der Boote Schlingern und der Dünung Macht.

Ich will mich saufen satt an dieser Macht,
am Wettersausen und am heißen Rum!
Verschont vom Sturmwind, schauend hier vom Fels,
eh ich mich wag hinaus, und erst die See
nur riech, die Algen und den Tang am Kai,
und endlich zögerlich verlass den Herd.

Die Sehnsucht lockt mich weg vom Küchenherd:
Verführt werd ich im Dichterrausch, voll Macht
hinauszutreten in den Sturm am Kai
vom innren Ich -getränkt, gestärkt durch Rum-
verborgnen Sinn zu suchen auf der See,
die geifernd ruft mich wie der Sturm den Fels.

Oh, dass mich trüg mein Blick hinweg vom Fels,
auf dass ich lassen könnte Heim und Herd!
So stäche ich noch heute Nacht in See,
die Segel blähten sich im Wind mit Macht,
das Seine täte auch das Gläschen Rum
und fern am Horizont entschwänd der Kai.

Trotz Sog des Blicks kehrt' ich zurück zum Kai
alsbald, zum eben noch verlassnen Fels.
Zu Haus stünd wieder duftend heißer Rum,
bereitgestellt auf ewig warmem Herd.
So sicher lenkte mich vertraute Macht,
die mich zurückruft von der rauen See!

Im Sonnenglanz nun liegen See und Kai,
zurück mit Macht kehr ich im Flug zum Fels,
wo ewig wärmt der Herd den heil'gen Rum.



"Er kann doch nicht betrunken sein, hat er doch nur mal rumgenippt..."
Ernst Hemmungslos gewidmet

lieber Karlheinz
Du erzählst uns eine spannende Geschichte.
Ich muss aber gleich sagen, mit der 3. Strophe komme ich inhaltlich nicht wirklich mit. Sie wirkt ein wenig zu viel konstruiert.
In der 2. Strophe hätte ich einen Vorschlag für die 2. Zeile.

Zitat

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Beim Blick auf Eiseskälte, rauste See.

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2. Strophe 4. Zeile könnte ich mir gut statt heizt, wärmt vorstellen.
Ansonsten ist Dein Gedicht sehr schlüssig und es wird trotz der Länge langatmig.
Die Coda allerdings ist für mich nicht passend.
Müsste sie doch die Teile enthalten.
Coda V1: 1See - 6Rum
Coda V2: 5Herd – 4Fels
Coda V3: 3Macht – 2Kai

herzlich Ilona

Liebe Ilona,

vielen Dank für Deine Gedanken! Dass Du ausgerechnet die 3. Strophe als zu konstruiert erachtest, kann ich so nicht nachvollziehen, da das Ganze konstruiert ist, und zwar nicht als reale Handlung, sondern als reine Innenschau und imaginierte Handlung, die aber keineswegs ausgeführt wird. Die einzig reale Handlung ist das Sitzen und das Rumtrinken!
In der 2. Stophe ist mir gerade die "Kälte pur" und auch das "heizt" besonders wichtig.
Hinsichtlich der Coda meine ich, das ich richtig liege!?

Herzliche Grüße aus dem Frankfurter Nordend
Karlheinz


edit: Liebe Ilona,
Du hast mit der Coda natürlich recht! Ich hatte das glatt übersehen und Danke Dir noch mal ausdrücklich!
Herzlich
Karlheinz

Lieber Karlheinz,
war Herr Hemmungslos Rumtrinker? Ich glaub nicht. Wie auch immer, er hat bis zum bitteren Ende rumgetrunken.
Du hast dir die schwierigere Form der Sestine ausgesucht und sie prima hingekriegt, Chapeau! Die Coda, naja, ist nicht wirklich gelungen, vielleicht magst du sie überarbeiten?
Lachen musste ich bei diesem Homonym:

Zitat

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Verführt werd ich im Dichtungsrausch, voll Macht

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das Bild ist köstlich, es passt hervorragend zum Rumtrinker ! "Dichterrausch" gefiele mir besser.
Ich habe die wilden Bilder sehr gerne auf mich wirken lassen.
Herzliche Grüße ins Nordend aus dem sonnig-warmen Westend,
Heliane.

Liebe Heliane,

also, Hemingway machte schon mit Rum rum, aber nicht nur, hemmungslos wie er war!

Danke für Dein Lob und Deine Meinung hinsichtlich der Coda. Ich habe diese allerdings nach Ilonas Kritik bereits überarbeitet und meinte, dass sie nun die Anforderungen erfüllt hätte!? Oder hab ich da etwa was übersehen?

Herzliche Grüße aus dem Nordend, wo wir derzeit Pupsertiere hüten
Karlheinz

Lieber Karlheinz,
na prima, ich hab noch die alte Fassung gelesen - ich brauche für Kommentare immer eine ganze Weile .
Was sagste denn zu meinem Lacher? Meinste nicht, dass der Lapsus geändert werden sollte?
Wer pupst im Nordend? Zwei- oder Vierbeiner?
Herzliche Grüße aus dem geruchsfreien Westend,
Heliane.

Liebe Heliane,

ich hatte eigentlich Dichtungsschlauch schreiben mögen. Nun ändere ich doch in Deinem Sinne.

Die Pupsertiere sind zweibeinige pubertäre Leistungverweigerer, die Dich grüßen lassen..
Karlheinz

Lieber Karlheinz, bei so viel Rum kann schon mal ein Fehlerteufelchen erwachen, oder ist es Absicht wegen der "r/Rumtrinkerrei".
S2 Z4 und Z2 (bitte einmal umdrehen). Was solls, ich habe mich köstlich amüsiert. Gleich zu Beginn schon über diesen "Klippenklatsch".
Wenn der Rumtrinker diesem Naturpathos so lange Zeit ausgesetzt ist, darf er schon mal ins "Schwärmen" geraten. Das man auf Rum pupsen muss, wußte ich noch nicht. (Blähungen) Dann war es in der Nähe von Hamingwey ja lebensgefährlich. Wegen der Gase meine ich.
Da hast du eine genial unschlagbare Sestine geschrieben, mit der schweren Form.
Schaust du bitte mal auf S3 Z5 ob es da nicht vom Kai heißen muss?

LG Heike

Lieber Karlheinz,
kennste den Spruch: "Der Quatsch wird immer quätsche bisser quietscht"? Mit -schlauch hättest du das gesamte Gedicht versaut, glaubs mir.
Ich pubertiere zwar nicht mehr, aber bestimmte Leistungen verweigere ich auch. Darum herzliche und verständnisvolle Grüße zurück an deine Leistungsverweigerer,
Heliane.

Liebe Heike,

so ganz kann und will ich Dir als abstinenter Rundherumtrinker nicht folgen! Und den Kai, den kenn ichüberhaupt nicht! Trotzdem vielen Dank für das schöne Lob, aber Klippenklatsch ist dieser Klippquatsch sicher nicht!

Liebe Heliane,

die armen Kinder müssen lernen, lernen, lernen und zwar Sachen, sag ich Dir, die sie ihr Lebtag nicht wieder brauchen werden, also nix Gescheites und das auch noch so kurz vor den Osterferien, alle Lehrer haben sich verschworen...

Euch beiden herzlichen Dank und liebe Grüße
Karlheinz (nicht Stockhausen, weil dann wär ich schon tot und das könnte ich mir zur Zeit noch nicht zumuten...)

Lieber Karlheinz,
dass Dir dies Gedicht bei diesem Winterwetter eingefallen ist, kann ich sehr gut nachvollziehen.
Gestern Abend war mir so kalt, da habe ich mir auch einen Grog gemacht. Ich kann mich gut in Deine Geschichte hineinversetzen.
Dein Gedicht ist echt lustig, und der Dichtungsrausch hat eine Kicherorgie bei mir verursacht. Jetzt haben wir hier gleich zwei akoholisierte Gedichte. Vielleicht brauch man das bei den Sestinen.
Liebe Grüße,
Heidi

Lieber Karlheinz,
deine Sestine liest sich rund und der Ausflug zur See, dem warmen Herd bei einem Rum, lässt die Form in den Hintergrund treten. Du zauberst schöne Bilder und der Leser freut sich die Sehnsucht mitzuerleben, inclusive der anschließenden Heimkehr. Gut gelungen finde ich.
herzliche Grüße!
der Sanderling

Liebe Heidi,

genau, ein bisschen Alkohol kann bei Sestinen dazu dienen, dass sie hinterher nicht allzu konstruiert wirken, sie werden durch ihn einfach flüssiger!

Lieber Sanderling,

da machst Du mich glücklich, wenn Du schreibst, dass man die Sehnsucht miterleben könne und die Form in den Hintergrund tritt. Unter uns gesagt, kann diese Form leicht aufdringlich wirken, wenn sie hervorsticht!

Euch beiden allerherzlichsten Dank und viele Grüße aus Frankfurt
Karlheinz

Lieber Karlheinz,

ich wie gut, dass niemand weiß, wie gut Rum schmeckt - und zwar heiß. Ein spaßiges Gedicht mir einem gehörigen Schuss Ernst im Rum. Ich musste es zweimal lesen, um alles wirklich mitzubekommen. Die Bilder, die du schilderst sind dann so anschlaulich, dass sie direkt vor dem inneren Auge erscheinen. Schön gemacht. Dein Gedicht habe ich wirklich gerne gelesen und beim nächsten Kälteeinbruch werde ich mit einem Glas heißen glühwein in der Hand - dir, deinem Gedicht (und Heliane mit ihrem Wein) gedenken und einen Schluck auf euch trinken.

Liebe Grüße
Clara

Liebe Clara,

es freut mich sehr, dass meine erste und voraussichtlich auch letzte Sestine bei Dir so viel Anklang gefunden hat!

Vielen Dank und liebe Grüße aus Lüli
Karlheinz