Computergedichte

Liebe Musengärtner,

vor kurzem hat anna die Frage der Computerlyrik angesprochen. In der Zwischenzeit gibt es den KI-Chatbot "ChatGPT" (Link: https://chat.openai.com ), der erstaunliches leisten soll, so heißt es: "Der Mensch tippt ein, der Computer antwortet, egal welche Frage. So kennt man das aus Star Trek - nun kann der Chatbot "ChatGPT" das wirklich, auch Gedichte... "

Ich habe das Programm ausprobiert, indem ich ein paar Gedichte von mir möglichst genau beschrieben habe, um zu sehen, was er daraus macht.

Hier erst einmal die drei Versuche als Dokumentation . Danach werde ich meinen Eindruck schildern.


Versuch 1

Mein Gedicht:

Mondschatten

Es schien der Mond, ihr schwarzes Haar zu streicheln,
so bleich und weich.
Und was der helle Sonnenblick nicht sah,
war dennoch da.



Eingabe bei ChatGPT:
Schreibe ein Gedicht über Mondschatten Haar Sonnenblick


Das Gedicht von ChatGPT:

Mondschatten, Haar, Sonnenblick,
Drei Worte voller Poesie.
Mondschatten, sanft und still,
Ein Schatten, der die Nacht erfüllt.

Haar, so weich und glänzend hell,
Es fängt das Licht wie eine Welle.
Sonnenblick, so hell und warm,
Er scheint auf uns mit seinem Charm.

Mondschatten, Haar, Sonnenblick,
Drei Worte, die so viel beschreiben.
Mondschatten, sanft und still,
Haar, so weich und glänzend hell,
Sonnenblick, so hell und warm.

Sie sind wie ein Gedicht,
Das in unseren Herzen wohnt,
Ein Gedicht voller Schönheit,
Das uns durch das Leben führt.



Versuch 2

Mein Gedicht:

Jenseits des Zimmerhimmels

Dein Blick träg immer nur himmelwärts;
er hat sich das Fernste erkoren
und will in die Sterne sich bohren.

Dein Panzer versiegelt mit Einsamkeitserz
der verletzlichen Seele die Poren,
wie Wachs einst Odysseusens Ohren.

Der Wind blies Eiszapfen dir ans Herz,
darin sind die Tränen erfroren,
als du die Hoffnung verloren.



Eingabe bei ChatGPT:
Schreibe ein Gedicht über Mein Zimmerhimmel sagt, wir sind nicht so vorgesehen wie die Sterne, wir müssen die Nähe der Verletzlichkeit wagen


Das Gedicht von ChatGPT:

Mein Zimmerhimmel sagt, wir sind nicht so vorgesehen
Wie die Sterne, die so hoch am Himmel stehen.
Wir müssen die Nähe der Verletzlichkeit wagen,
Um wahres Glück und Liebe zu erlangen.

Die Sterne sind fern und kalt,
Sie leuchten nur, ohne je alt zu werden.
Wir Menschen sind anders, wir sind verletzlich,
Unsere Herzen können brechen, doch auch heilen.

Doch trotz all der Schmerzen und Tränen,
Die wir in unserem Leben erleben,
Sind wir fähig zu lieben und zu leiden,
Und das macht uns zu etwas Besonderem, zu etwas Neuen.

So lasst uns unsere Verletzlichkeit wagen,
Und uns auf die Nähe zueinander einlassen.
Denn wenn wir die Nähe der Verletzlichkeit wagen,
Können wir die wahre Schönheit des Lebens erlangen.

Grammatikfehler: Statt "Neuen" müsste "Neuem" stehen.


Versuch 3

Mein Gedicht:

Grenzerfahrung

Die himmlische Sonne hob
die Wolke empor und gab
sie Wetter und Wind zum Spiel.

Ein einzelner Tropfen fiel,
geboren aus Wolkendunst,
ins wogende Meer zurück.

Berührend den Wellenkamm,
erlebt er nun den Moment
als Meer und nichtig zugleich.



Eingabe bei ChatGPT:
Scheibe ein Gedicht über Grenzerfahrung Sonne Wolke Tropfen Wellenkamm


Das Gedicht von ChatGPT:

Grenzerfahrung, Sonne, Wolke, Tropfen,
Wellenkamm, so viele Worte, so viel Gefühl.
Grenzerfahrung, ein Moment, der uns verändert,
Ein Augenblick, der uns nie verlässt.

Sonne, die uns wärmt und hell erleuchtet,
Sie spendet uns Trost und Licht in dunkler Nacht.
Wolke, die am Himmel zieht so schnell,
Sie verändert sich ständig, nie bleibt sie still.

Tropfen, die vom Himmel fallen,
Sie kühlen uns ab an heißen Tagen.
Wellenkamm, der sich im Meer erhebt,
Er bewegt sich ständig, nie bleibt er stehen.

Grenzerfahrung, Sonne, Wolke, Tropfen,
Wellenkamm, sie alle gehören zusammen.
Sie sind Teil unseres Lebens, Teil der Natur,
Sie zeigen uns, dass nichts bleibt wie es war.




Bemerkungen zu den drei Versuchen


Das interessanteste Ergebnis liefert der zweite Versuch, wahrscheinlich weil die Eingabe länger ist als bei Versuch 1 und 3.

Versuch 1 und 3 sind langweilig, zeigen jedoch, wie der Algorithmus im Prinzip funktioniert. Die Vorgegeben Worte werden am Anfang und Ende zusammengestellt und dazwischen nacheinander abgehandelt. Es wird jeweils etwas logisch Passendes, aber Belangloses gesagt, auch in der Anfangs- und Schlussstrophe. Ein "geistiger" Zusammenhang, oder gar eine tiefere Idee, welche durch die gewählten Wortbilder ausgedrückt werden soll, ist nicht erkennbar.

Der zweite Versuch klingt etwas weniger schematisch, aber dafür prosaischer, wie eine Erklärung zu dem angefragten Satz, was wohl daher kommt, dass ChatGPT vor allem zur Beantwortung von Fragen entwickelt wurde.

Vor allem sind die drei Gedichte von ChatGPT sprachlich keine Gedichte, was mich etwas enttäuscht, denn es wird so viel über sein tolles Sprachmodell geschrieben. Ein einziger Reim taucht auf, der Rhythmus bildet keine emotionale Spannung ab, und es fehlen Sprachbilder, nicht einmal die vorgegeben Begriffe werden zu Bildern geformt - geschweige denn Metaphern. Überhaupt bestätigt mir der Versuch die Bedeutunng der Metapher für gute Lyrik, die ich schon öfter beschrieben und betont habe. Mein erster Eindruck ist, ganz im Gegensatz zu dem allgemeinen Lob, recht unbefriedigend. Aber trotzdem scheint es mir sinnvoll, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, da es vielleicht hilfreich ist, besser zu verstehen, was menschliche Kreativität und gute Gedichte ausmacht.

Ich jedenfalls bin gespannt, was ihr dazu meint und entdeckt.

Liebe Grüße
Thomas