Herrn Maiers Goldfisch schwimmt nur stumm, wie dumm in einem Kreis herum. Was auch geschieht, ganz ohne Regung vollführt er diese Kreisbewegung und dreht genau elfmal pro Stunde im Aquarium die Runde.
Er fragt sich auf der ersten Runde: Was liegt dem Fischdasein zu Grunde?
In Runde zwei sucht er den Grund des Wasserbeckenbodens und
ergründet dann in Runde drei, was unterhalb des Wassers sei.
Wenn er die vierte Runde dreht, studiert er Thales von Milet.
Die nächste Runde kreist sein Sinnen ganz um des Weltenalls Beginnen.
In Runde sechs erforscht er darauf: Wann hört das alles wieder auf?
Er untersucht in Runde sieben, warum sich Wasserflöhe lieben.
Sein Denken in den nächsten Runden ward bisher nicht herausgefunden.
In Runde zehn, da denkt er gern an Abend- und an Morgenstern
und spricht dann eine Runde lang nur Christians "Fisches Nachtgesang".
So schwimmt er stundenlang im Kreis und denkt und weiß, dass er nichts weiß, und dreht genau elfmal pro Stunde im Aquarium die Runde. Herrn Maiers Goldfisch gilt als doof, dabei ist er ein Philosoph!
Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
Lieber Thomas, was soll man dazu sagen, der Goldfisch als Philosoph, warum auch nicht. Wer sagt denn, dass nur die Menschheit über alles philosophiert. Leider kommt Dein Goldfisch aber auch nicht weiter, da er jeden Tag die gleichen Runden macht. Hmmm! Eine Anspielung auf uns Menschen? Wie der Goldfisch nicht aus dem Glas rauß kommt, kommen auch wir nicht über unsere natürlichen Begrenzungen hinaus und denken, gleich dem Fisch immer in den gleichen Bahnen. Eine gute Parabel in Humorform gepackt. Super! Liebe Grüße, Heidi
"Es ist nie zu spät eine glückliche Kindheit zu haben" Ben Furman
Lieber Ralf, nachdenken ist immer gut, ganz besonders, wenn auch Tiefsinniges humorvoll verpackt wird. Wenn Groß- und Kleinschreibung sowie die Interpunktion zusätzlich beachtet werden, dann wird ein solches Gedicht zum Labsal für die Leserin . Das ist dir mit deinem launigen Gedicht hervorragend gelungen. Mit großem Vergnügen gelesen! Herzliche Abendgrüße, Heliane.
Glück ist eine gute Gesundheit und ein schlechtes Gedächtnis (Ernest Hemingway)
vielen Dank. Bisweilen werden die Stummen unterschätzt. Und wer kann schon Morgensterns "Fisches Nachtgesang" gut rezitiren?
Liebe Grüße Thomas
Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller