* Auf der Schwelle

Irgendwo im gestern
zog ich die Schuhe aus.
Sie waren gefüllt
mit den Süßgräsern der Erinnerung.
Bedeckt vom Staub alter Schatten
verschwand die Farbe der Illusionen.

Barfuß spürte ich die Erde
ganz nah bei mir.
Der große Zeh betrat Wege
die nicht vorgezeichnet waren
und weckte die Neugierde.

Liebe Ilona,

von freier Lyrik verstehe ich nicht viel, doch hier sehe ich eine wunderschöne, besinnliche Aussage. Die Wege ohne Schuhe deuten auf eine direktere und intensivere Berührung und Einfühlname hin, mit der der begangene Weg wahrgenommen wird. Der Bezug zu dem Bild besteht hier leider nur in der einmaligen Erwähnung von irgendwelchen Schuhen. Deine freie Lyrik gefällt mir sehr gut, auch wenn ich damit von dem vorgegebenen Bild nur sehr wenig erkenne.

LG Hans

Liebe Ilona,

Deine wenigen Zeilen zum Thema breiten einen ganzen Roman vor mir aus, der sich in sekundenschnelle in meinem Kopf abspulte.
Ein wunderbares Gedicht zu einem Neuangang. Was soll ich sonst noch dazu sagen? Das ist wahrhaft gekonnt.

Bewundernde Grüße,
Heidi

lieber Hans

vielen Dank für Deinen Kommentar. Nun lieber Hans, ich habe in den Schuhen auf dem Foto kein "normales" Denkmal gesehen. Ich habe mich gefragt, was will der Künstler mir erzählen, was soll ich auf meinem Weg mitnehmen? Ich sah die Schuhe waren stehen gelassen. Irgendjemand brauchte sie nicht mehr ....

liebe Heidi,
ich mag in meinen Gedichten Geschichten erzählen. Oft schreibe ich deshalb auch in der ICH -Form.
Danke für Dein großes Lob.

herzlich zu euch Ilona

Liebe Ilona,

sehr schön, manchmal ist auch der "Kleine Zeh" ein Neugieriger!
Ich habe es gerne gelesen! Dir eine schöne Woche!

Lg. Jorsch

lieber Jorsch
nun bei mir funktioniert es nur mit dem größen Zeh.
Er drängelt sich immer vor.
aber sofern er sich getraut hat sagt mein Kopf, was der kann ....

Dir auch eine schöne Woche
herzlich Ilona

Liebe Ilona,

ich bin hin und her gerissen. Einerseits gefallen mir deine Ideen sehr, sehr gut, besonders die "Süßgräser der Erinnerung" sind wundershübsch; andererseits vermisse ich, wie der Hans, ein wenig den Bezug zum Foto. Der ist mir allerdings nicht besonders wichtig, denn deine Verse zeigen viele andere hübsche Bilder.

Mich stört die Möglichkeit, deine Verse ohne Probleme als Fließtext lesen zu können; für freie Rhythmen, die deine reimlosen Verse ja sind, fehlt mir die Melodie und der deutliche Abstand zur Prosa.

Ich habe mich sehr gerne mit deinem Gedicht beschäftigt !
Herzliche Grüße,
Heliane.

liebe Heliane,
vielen Dank für Deine ausführliche Beschäftigung mit meinem Text.
Den Bezug zum Bild habe ich ja schon bei Hans erklärt. Außerdem denke ich, Du könntest 1000 Dichtern ein Bild zeigen und jeder würde etwas anderes daraus lesen.

Nun zu dem was Dich stört, Du möchtest freie Lyrik als Fließtext lesen können. Ich muss Dir sagen, bei meinem wäre es wohl noch möglich. Aber nur in diesem speziellen Fall. Ich lese freie Lyrik so wie mir der Autor es in die Hand legt. Oft ist es ganz bewusst so, dass Unterbrechungen gewollt erzeugt werden.
In meinem Fall tendiere ich eher dazu, zu behaupten, es ist ein prosaisch angehauchtes Gedicht. Es erzählt eine Geschichte zwischen den Zeilen. Würde ich ein bestimmtes Metrum, z.B. den Jambus verweden, führte es dazu, der Leser würde weniger Bilder empfangen. Er würde es durchlesen und vergessen.
Das möchte ich verhindern. Ich setze dafür bewusst Bilder ein. Jede Metapher sagt dem Leser etwas anderes. Die Süßgräser, mich erinnern sie an Kindheit und üppige Wiesen. Andere an Bergwiesen und duftenden Klee.
Jeder Leser soll nach Möglichkeit seine Empfindungen wiedergespiegelt sehen.

herzlich Ilona

Liebe Ilona,

Zitat

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Du möchtest freie Lyrik als Fließtext lesen können

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Eben nicht! Freie Lyrik, egal obs nun die Rhythmen oder die Verse sind, muss sich unbedingt von Prosatexten unterscheiden! Gibts diesen Unterschied nicht, verliert die freie Lyyrik ihre besondere Stellung!

Herzliche Grüße,
Medusa.

liebe Heliane
ich bin am überlegen was Du mir mit diesem Satz sagen möchtest. Es gibt doch zwischen Prosa und Lyrik einige Unterschiede. Und sicher wirst Du ob metrisch gebunden oder frei immer Stellen finden können die Du als fließenden Text lesen kannst.
Schau Dir mal ein Stück Text von Liliencron an. Sage mir ist es Lyrik oder Prosa.

Auf einem Bahnhofe

Aus einer Riesenstadt verirrt' ich mich
Auf einen weit entlegnen kleinen Bahnhof.
Ein Städtchen wird vielleicht von hier erreicht
Von Männern, die vom Morgen an viel Stunden
Am Pult, in Läden und Kanzlei gesessen,
Und nun den Abend im Familienkreise
Den Staub abschütteln wollen vom "Geschäft."

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Ich muß doch nicht zwingend Halbsätze schreiben damit es Lyrik ist. Oder verstehen wir uns da völlig falsch.

herzlich Ilona

Liebe Ilona,
das sind eindeutig freie Rhythmen im reinen Jambus, reimlos mit wechselnden Kadenzen.
Zeige mir einen Prosatext, der so klar abläuft .
Herzlich,
Heliane

liebe Heliane,
wenn ich jetzt behaupte, Liliencron hat hier ein lyrischprosaisches Gedicht in freier Rhythmik verfasst stimmst Du mir sicher zu. Auch das ist doch freie Lyrik. Denn dieser Text ist nur eine Strophe aus seinem Gedicht.

herzlich Ilona

lieber Thomas
danke für Deine Betrachtung.
ja, das "mit" werde ich anders setzen.
Das "ganz nah bei dr" möchte ich so lassen. Denn wieder ganz nah ist etwas anderes. Hier aber klingt es nach einer Liebeserklärung an die Erde. Ich schreibe gerne in den Morgenstunden. Ich bin raus in den Garten, habe meine Schuhe ausgezogen und hatte das Gefühl, wieder eins zu sein mit der Erde, ihr nah zu sein. So wie man gerne einem Liebenden nahe ist.
Auch betrat muss für mich bleiben. Betreten hat für mich etwas mit vorsichtig gehen zu tun, auch etwas mit betroffen sein, oder voller Scham. So ist es doch oft, wenn man neue Wege geht.

herzlich Ilona

Liebe Ostseemöve,

ich möchte dir ein paar lobende Worte zum Blickwikel dalassen, denn der hat mich überrascht und ich kann da nur applaudieren. Denn du hast dir nicht gedanken gemacht, was war sondern was wird - viel interessanter. In Kombi mit dem Bild entsteht ein eindrucksvolles Bild in meinem Hirn - klassen. Ich glaube du bist die einzige, die in ihrem Gedicht die Schuhe ausgezogen und den Leser barfuß weiter mitgenommen hat - fantastisch, also mich bewegt (kein Ende der Wortspiele) deine Art zu schreiben, das ist selten bei freien Lyirikern.

Bis dann!

Derolli

lieber Olli
vielen, vielen Dank für Dein Lob.
Als sehr visuell ausgeprägter Mensch habe ich gesehen die Schuhe stehen nicht als Paar nur hingestellt da. Sie sind mit geöffneten Schnürsenkeln so stehengelassen worden, als ob der Träger ohne Schuhe weiter gegangen ist. Das hat mich inspriert. Ich habe einfach gespürt, "auf der Schwelle" zum ... wer weiß das schon hat er seine Schuhe ausgezogen. Ja, und ich habe es auch getan und geschrieben was ich dabei empfunden habe.
So ist also das Gedicht entstanden. Und da ich immer neugierig auf die Welt bin ... mein großer Zeh auch, wer weiß was er entdeckt. Eigentlich könnte das schon ein neues Gedicht werden .

herzlich Ilona