Unter der Laterne

Liebe anna,

alles vergeht, sogar die Sehnsucht nach vergangenen Liebesbeziehungen. Das Gold verblasst im Scheine der Laterne, das heißt wohl mit Abstand ins richtige Licht gerückt…
Sehr gelungen finde ich die kleinen Naturminiaturen: den Auerhahn, der wetzt, das Mäuschen, das huscht…

Das Mäuschen musst du noch korrigieren, ebenso das Liebespärchen Glück

Herzliche Grüße aus Samothraki
Karlheinz

Liebe anna,

dein Gedicht berührt, weil du ein Thema gewählt hast, was alle berührt. Und die Entwicklung deines Gedichtes, hin zur Akzeptanz von Verlust und schwindender Sehnsucht, hast du sehr gut gestaltet. Nun hat Thomas zur Form ja bereits einiges gesagt, da brauche ich nichts zu wiederholen.

Ausgehend von deinen Ideen und Worten habe ich etwas gebastelt. Nimm was du brauchen kannst, verwerfe was dir nicht gefällt und nehme den Klang der Strophenform vielleicht einfach noch einmal intensiv auf, bei deinem eigenen Thema. Du wirst es sicher besser ändern können.

Änderungsvorschläge:

Verliebte auf dem See, ein Augenblick entfernt,
ich sehe sie und denk, ob ich die Lieb‘ verlernt.
Der Wind, er weht verhalten,
ein Auerhahn, der wetzt,
ich drohe zu erkalten
und fühle mich verletzt.

Des Sehnens Liebeskuss, ist er Vergangenheit?
Durch Nebel scheint's gewiss, wie Stein bedrückt mein Leid.
Die Ähren wogen sachte,
ein Mäuschen huscht vorbei.
Seit ich an damals dachte,
ist nichts mehr einerlei.

Erinnerungen fliehn,
leg ich sie ab ins Nichts
verblassen im Vergehn -
einst Gold des Winterlichts.
Ich blicke in die Ferne
auf Liebes Pärchens Glück.
Im Scheine der Laterne
denk ich nicht mehr zurück.


Liebe Grüße
der Sanderling

liebe anna a.
nun sind hier schon einige gute Verbesserungsvorschläge entstanden. Ich beschränke mich also gerne nur auf den Inhalt und empfinde ihn als sehr poetisch und wohl klingend.
Sehr gerne bin ich Deinen Gedanken gefolgt.
Liebe Grüße Ilona

Lieber Thomas, Carlino und Sanderling, liebe Ilona,

ich danke euch allen herzlich für eure wertvollen Kommentare, die alle ein bisschen dazu beigetragen haben, dass ich mich der Opitzstrophe etwas mehr nähern konnte.

Ich gestehe, dass die vielen Regeln dieser alten Strophenform meinen Widerstand enorm geweckt haben. Dennoch wollte ich mich dem stellen und habe versucht - ohne wirklich zu begreifen, worum es bei dieser lyrischen Form geht - ein Gedicht zu bilden. Dabei ist mir aufgefallen, dass mir die Poesie verloren geht, wenn ich versuche, mich der Form quasi nur technisch zu nähern. Ich glaube, ich muss so eine Gedichtfor wirklich erst durchdringen, ihren Rhythmus in mir zum KLingen bringen, damit Poesie daraus werden kann und das Ganze nicht nur ein Wortgestakse bleibt.

Diese Beobachtung fand ich sehr interessant und sie überträgt sich auch auf meine Antworten zu euren Gedichten. Nach und nach werde ich sie mir erschließen und dann dazu antworten. Manches braucht seine Zeit, das habe ich hier bei dieser Aufgabe gelernt.

Vielen Dank deshalb an dich, lieber Thomas, für die Herausforderung, der ich mich ohne euch sicher nicht gestellt hätte.

Herzliche Grüße

anna a.

Hallo anna,
sind wir nicht alle auf der Suche nach der passenden Form?
Ich wünsche Dir jedenfalls viel Spaß und Glück dabei.
Inhaltlich erkenne ich eine Art "Reifeprozess", der das LI den Blick in die "Ferne" richten lässt.
Gern Hineingespürt und LG
Perry

Lieber Thomas,
das "HB-Männchen" nehme ich in die verlorenen Worte schon mal auf

Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber perry,

da stellst du wirklich eine wichtige Frage: Sind wir nicht alle auf der Suche nach der passenden Form? und ich antworte mit einer Gegenfrage: Was passt wann und wie und gibt es nur eine passende Form oder viele passende Formen? Ich merke zum Beispiel bei mir, dass ich stimmungsabhängig lieber Reime oder eben frei schreibe. Bei den Reimen habe ich auch meine Lieblingsformen, die aber ebenfalls so vielfältig sind wie meine Stimmungen.

Nun werde ich darüber nachdenken ... wirklich eine interessante Frage! ich danke dir dafür.

Liebe Grüße

anna a.

Hallo anna,
ob es die "eine" passende Form gibt, ist vermutlich sehr individuell.
Ich kann nur für mich sprechen, seit ich nach langen Jahren zur "Terzettform" gefunden habe, schreibe ich viel befreiter.
Sie ist für mich der äußere Rahmen in die ich meine (inneren) Wortbilder male.
LG
Perry

Liebe anna a.,

ich bin mir nicht ganz sicher, ob du das so wolltest (da du mir eher ein heiterer das Leben liebender Mensch zu sein scheinst), aber dieses Gedicht hinterlässt bei mir einen derart schweren, depressiven Eindruck, dass ich in der letzten Strophe die wildesten Todesassoziationen habe. Im Schein welcher Laterne, der des Fährmanns etwa?

Also der Einstieg in die letzte Strophe ist so wunderschön tief traurig und lyrisch, wie ich das selten in dieser Qualität gelesen habe.

Zitat

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Erinnerungen bleiben
und legt man sie ins Nichts
verblassen ihre Weisen -
einst Gold des Winterlichts.

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Das ist ganz große Dichtung in meinen Augen. Sie nimmt mich gefangen und weckt mir das Verlangen tief hinein zu spüren was du ganz genau für ein Bild vor Augen hattest als diese Worte sich zusammenfügten. Ich bin begeistert.

Liebe Grüße

Derolli

Lieber Derolli,

liegen nicht Heiterkeit und Melancholie oft sehr nah beisammen? Ich freue mich sehr, dass du diese Töne zwischen den Zeilen herausgelesen hast… beim Schreiben denke ich oft an Mascha Kalèko, die ich sehr schätze, eben weil unter ihrer scheinbaren Leichtigkeit so viel Tiefe und Traurigkeit verborgen ist.


Liebe Grüße

anna a.