Lieber Thomas,
die Überschrift auf eine andere Art zum Bestandteil des Gedichts zu machen ist interessant. Überhaupt, dein freies Gedicht ist es auch, und spannend und typisch Thomas. Sehr gut!
Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber Thomas,

Ich könnte

den Kerl erschlagen,
den Kerl, der mir nahm,
was ich liebte.

Was ich liebe?

noch immer.

Ich freue mich so sehr, dass du mit freier Lyrik experimentierst. Es hat mich gereizt, dein Gedicht durch leicht veränderte Umbrüche und Satzzeichen eine andere Konnotation zu geben. Das "Ach was" ließe ich zum Beispiel weg, weil es zu sehr umgangssprachlich klingt, aber das ist bitte nur so ein Gefühl von mir.

So komme ich zu der Frage, die ich eben unter deinen Beitrag "Befreite Lyrik" gesetzt habe: Wer ist überhaupt befugt zu sagen, was ist Poesie, bzw. Lyrik und was nicht, wenn wir uns von den lyrischen Formen lösen. Das frage ich mich immer wieder.

Und hier kommt nun noch ein Zitat der Lyrikerin Hilde Domin über Lyrik im Vergleich zu Prosa, das einen ganz anderen Aspekt von Lyrik, im allgemeinen allerdings, betont:

Wenn der Mensch sehr bedrückt ist, kann ihm Lyrik helfen. Lyrik ist eine größere Entlastung als etwa Prosa. Lyrik kommt mit Blaulicht. Lyrik entsteht mehr aus Leid als aus Freude. Der Mensch kann sich durch das Schreiben von Gedichten befreien. Ich kann das nur vergleichen – obwohl es natürlich etwas anderes ist – mit der Beichte oder dem therapeutischen Gespräch beim Psychiater. Dabei teilen Sie mit, was in Ihnen ist. Bei Lyrik können Sie das noch mehr tun. Ich nenne es eine Gnade, wenn man kreativ werden kann.

Hilde Domin in einem Interview mit Gert Eisenbürger in Heidelberg, 1994, im Alter von 85 Jahren

Lieber Thomas,

Du könntest aber auch hinter das Verb ein Fragezeichen setzen, dann erzählt das Gedicht eine andere Geschichte.

Liebe Grüße

anna a.