Später Frühling

Durchs Tor, flankiert von Riesen,
schritt er hinein ins Reich,
zu Füßen blanke Fliesen,
bis dass er fühlte weich

den Grund unter den Sohlen,
die Nacht war lau, die Lüfte süß,
ins Fliederreich aus Neugier
zum Hinterhäusler-Paradies.

Jetzt kam er immer näher,
im Giebel brannte Licht,
im Baume krächzt ein Häher,
und gleich sein Herze spricht:

"Was bist du für ein Jüngling
auf deine alten Tag,
Dass du so schleichst ins Dunkel,
dass dich erhellen mag

das bisschen Licht im Giebel?
Gibt dir das wieder Mut?
Du alter, wirrer Gimpel,
sei bitte auf der Hut!"

Lieber Karl-Heinz,

das ist der ein sehr schönes Gedicht gelungen, über die Zeit nach dem Äquator. Sehr sanft und sacht zeigst du, so ein Herz bleibt halt immer jung, egal wie viele Jahre es auf dem Buckel hat. Und trotzdem - der Schluss bringt's - amüsant gestaltet die kleine Warnung.

Gerne gelesen
liebe Grüße
Clara

Liebe Clara,

Vielen Dank für das nette Lob! Aber, was meinst Du mit der Zeit nach dem Äquator? Meinst Du jenseits von Gut und Böse?

Liebe Grüße aus Lyli
Karlheinz

Lieber Karlheinz,
Du hast mein Kopfkino eingeschaltet. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
Nur mit der Metrik hatte ich irgendwie Probleme. Kann aber auch an mir liegen.
Herzliche Grüße, Heidi

Liebe Heidi,

dass ich dein Kopfkino starten konnte, ist doch schon etwas! Was die Metrik anbelangt, kann ich keine Fehler erkennen, es sei denn, dir missfällt, dass die 2. Strophe vom sonst durchlaufenden Schema abweicht.

Danke für deine Gedanken und Grüße aus Lyli
Karlheinz

Lieber Karlheinz,
die etwas abweichende Metrik stört gar nicht, sie steigert die Spannung.
Was mir weniger gefällt, ist die Interpunktion, die du sehr vernachlässigt hast. Entweder, du setzt alle Kommas und Punkte, oder du verzichtest ganz. Mal so, mal so funzt nicht und lässt sich nicht besonders gut lesen .
Herzliche Grüße,
Heliane.

Lieber Karlheinz, mir gefällt dein Gedicht sehr gut. Ich kann es auch flüssig lesen. So so, auf die alten Tage noch auf Abwege gehen.
LG Heike

Nachtrag:

nach dem Äquator = die Zeit nach der Mitte des Lebens, die heiße Phase ist vorbei, die Hoch- und Glanzzeit, das Mittelalter ist vorüber - der Lebensherbst folgt

Liebe Heliane,

die Satzzeichen habe ich nochmal überarbeitet, ich hoffe in deinem Sinne!

Liebe Heike,

Dank für dein schönes Lob! Was heißt hier Abwege, das bin nicht ich und sind nur Gedanken und die sind bekanntlich (noch) frei!

Liebe Clara,

Dank für den Nachtrag!

Euch Dreien herzliche Grüße aus Lyli

Karlheinz

Lieber Karlheinz,

ein interessante Weise das Empfinden der Alterung darzustellen, was mir auch sehr gut gefällt. Dazu habe ich noch Anmerkungen.
Durchs Tor geflankt von Riesen
schritt er hinein ins Reich,
zu Füßen blanke Fliesen,
bis dass er fühlte weich

den Grund unter den Sohlen,
die Nacht war lau, die Lüfte süß,----zwei Silben zuviel
ins Fliederreich aus Neugier
zum Hinterhäusler-Paradies.
von „schritt“ bis „zum“ ist viel Aussage, so dass der Zusammenhang schwer zu erkennen ist.

Jetzt kam er immer näher,
im Giebel brannte Licht,
im Baume krächzt ein Häher,
und gleich sein Herze spricht:

Mir gefallen die Verlängerungen mit dem „e“ bei Baum(e) und Herz(e) nicht
Vorschlag:
im Baum da krächzt ein Häher,
und gleich sein Herz leis spricht:

"Was bist du für ein Jüngling
auf deine alten Tag?
Dass du so schleichst ins Dunkel,
dass dich erhellen mag

das bisschen Licht im Giebel?----hier erkenne ich die Frage nicht.
Gibt dir das wieder Mut?
Du alter, wirrer Gimpel,
sei bitte auf der Hut!

LG Hans

Lieber Karlheinz,
magst du nicht auch hier Kommas setzen? Durchs Tor, geflankt von Riesen, Ich sehe nämlich einen Bogen, der von Riesen getragen wird, und das wäre ein eingeschobener Halbsatz, stimmts? Oder liege ich mal wieder daneben?
Ich schicke viele liebe Grüße nach Lyli,
Heliane.

Lieber Hans,

vielen Dank für deine Gedanken und Anmerkungen!
Das abweichende Reimschema in der 2. Strophe ist Absicht und dient der Belebung.
Der lange, über zwei Strophen geführte Satz soll den langen Weg, der ja das eigentliche Thema ist, formal unterstreichen.
Die "es" sind Geschmacksache und bringen etwas Ironie ins Spiel.
Das erste Fragezeichen in der vorletzten Strophe habe ich durch ein Komma ersetzt, so dass sich jetzt eine durchlaufende Gesamtfrage ergibt!

Liebe Heliane,

diese zwei Kommas sind wirklich bitter nötig, da hast du recht! Ich kann nur hoffen, dass jetzt alles stimmt!

Euch beiden ganz herzlichen Dank für Eure Hinweise und viele Grüße aus Lyli
Karlheinz

Lieber Carlino,
die Erfahrungen des LI, mit seinem möglichen späten Frühling, in einen Prolog eines Vogel zu packen, gefällt mir. Wie immer kann der Leser dein Spiel mit den Worten mehrdeutig lesen, was Spaß macht. Und was soll's. Frühling im Herbst geht doch allemal! Dem Erblühen der eigenen Lebendigkeit "beizuwohnen" belegt eindeutig, "Hurra, wie Leben noch!".
Schöner Text.
herzliche Grüße.
der Sanderling

Lieber Sanderling,

vielen Dank für dein Lob! Mit deiner Interpretation hebst du auf den "Gimpel" ab. Das Wort ist allerdings doppeldeutig. Es meint einerseits den Vogel, der auch Dompfaff genannt wird, andererseits aber auch einen einfältigen Menschen oder sogar einen Geistlichen. Hier wird dieser "Vogel" außerdem von einem anderen Vogel, dem Häher, der auch als Polizist des Waldes bezeichnet wird, gewarnt.

Liebe Grüße heute aus Frankfurt von
Karlheinz