Entmunterung

Renn, wenn Du kannst und vergiss nicht zu schreien!
Kalt ist das Wetter und schaurig die Nacht,
Schrill gellt Dein Aufschrei da draußen im Freien,
Spürst Du den Atem der ruchlosen Macht?

Näher und näher die Einschläge kommen,
Dreh dich nicht um, sonst ist es gleich aus!
Denk an Vergangnes, verweile beklommen,
Drinnen vergrab Dich, geh besser nicht raus!

Flieh! Doch wohin? Gibt es Schutz irgendwo?
Örtlich betäubt in der Kneipe, im Zoo?
Nimm doch Dein Schicksal gleich selbst in die Hand,
Öffne den Mund - schon liegst Du im Sand!

Hallo Carlino,
einen beeindruckenden Text hat du da verfasst. Da man sich, nach meiner Überzeugung, nur über seine wechselseitigen Erfahrungen begegnet, biete ich dir meine Bilder zu deinem Text an. Herman van Veen schrieb einmal ein Lied mit der Textzeile:.. "Die Bombe fällt nie". Das kam mir bei der Beschreibung deiner ersten zwei Strophen in den Sinn. So unklar, vor was da jemand auf der Flucht ist, bzw. sich ängstigt. Was für eine Befreiung war da, in Zeiten des kalten Krieges, die zitierte Zeile von van Veen. - Sorge dich nicht, die Bedrohung ist Fixion, verstand ich später. - Nun sind Bedrohungen vielfältig, und manchmal reichen wir uns sogar selbst dafür aus. - Dein Textende lässt mich etwas ratlos zurück, wobei du konsequent mit der Ambivalenz der Möglichkeiten spielst.
Herzliche Grüße
Der Sanderling

Lieber Sanderling,

es freut mich, dass Dich der Text beeindruckt hat! In der Tat reicht das eigene Ich schon als Bedrohung aus, aber darüberhinaus gibt es zahlreiche andere Bedrohungen, die keineswegs nur fiktiv sind! Das Ende habe ich doch hinreichend deutlich angedeutet, "Ausweg" kann der Freitod sein, sofern man nicht mit einem Danach im Jenseits rechnet.

Lieber Thomas,

warum Du die letzte Strophe schwächer findest verstehe ich nicht so ganz. Dass Du die beiden ersten als stark und sehr gut einschätzt, ehrt mich sehr.

Herzlichen Dank Euch beiden und viele Grüße aus Frankfurt
Karlheinz

Lieber Karl-Heinz,
ganz schön furchterregend kommt Dein Gedicht daher und hört sich nach der Flucht vor der eigenen Dämonen an. Besser diese los werden, als auf die (für mich unwahrscheinliche) Tatsache setzen, dass es kein Leben nach dem Tod gibt.
Liebe Grüße,
Heidi

Liebe Heidi,

Du sagst es, die eigenen Dämonen, die durch äußere immer wieder angeheizt werden. Viele, die konventionellen Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod anhängen, haben aber auch Angst vor Bestrafung oder dass es ähnlich beschissen weitergeht, da ist die Vorstellung, dass alles vorbei ist, eher tröstlich.

Liebe Grüße aus Frankfurt
Karlheinz

Lieber Karlheinz,

ja, so könnte es bei einem Bombenangriff sein, und dies könnte auch bei uns geschehen. Ich denke es gibt nichts, was so etwas rechtfertigen könnte. Gewinner sind immer nur sehr wenige, für die Kriege geführt werden. Wir sollten sehr skeptisch sein mit allem was uns mitgeteilt wird und ein Feindbild erzeugen könnte, meist ist es Propaganda (Brutkastenlüge, Massenvernichtungswaffen, MH17 usw.).

LG Hans

Lieber Karl-Heinz,
Klar könnte es sein, dass es kein Leben nach dem Tode gibt, aber auch das ist Glaubenssache.
Wenns so ist, ist es so. Wenn nicht, habe ich wenigstens einen guten und heilsamen Trost in meinem Leben gehabt.
Angst vor Bestrafung habe ich übrigens nicht. Trotzdem versuche ich jetzt alles noch zu klären was mir auf der Seele liegt. Das ist auch gut.
Liebe Grüße,
Heidi

Lieber Karlheinz,
nach dem schrecklichen Anschlag am 19. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin gewinnt dein Gedicht beängstigende Aktualität. So gelesen ist die letzte Strophe, besonders die letzten beiden Verse, nicht mehr notwendig. Denn wo sollten diese armen Menschen hinlaufen?
Dein Gedicht ist sehr, sehr wütend und liest sich rund - nur dein Fazit gefällt mir nicht wirklich.
Herzliche Weihnachtsgrüße,
Heliane.