Morgendämmerung
Kurt Tucholsky "Der Graben" 1926

Die abgeschmackte
Fratze der Dissens
erbaut die Mauer
der Infamie

Noch ist sie zahm
und so banal
die neue Welt ein
faszinierend Spiel

Das Geschwätz
von Gestern
heute ohne Wert
postfaktisch bereinigt

Im Zwielicht
heult der Wolf
vor deiner Tür

Und du glaubst
die Nachtigall
singt ein Lied

Einmal warst
du schon
der Rabenfraß

Siehst du nicht
den Graben

© Jörg Kellermann 2016

Lieber Jorsch,
einen Bezug zum Untertitel lese ich nur in den letzten 6 Zeilen.
Du zeichnest ein wenig erfreuliches Bild unserer Zukunft, hast du auch eine Lösung?
Herzliche Grüße,
Heliane.

Liebe Heliane,

ich bin gerade über dem Gedicht, gerne melde ich mich später.

Was mich enorm beunruhigt sind die Standpunkte und Werte die
heute nichts mehr gelten. Ich fühle mich sehr verunsichert, wie
rasant sich die allgemeine Weltlage verändert. Es ist nicht nur ein
Herr T. sondern auch der beschleunigte Angriff in meine private Sphäre.
Ich werde über Antworten nachdenken!

Lg Jorsch

Lieber Thomas,

ich sprach von Beunruhigung nicht von Angst! Ja Kurt T. war ein
großer Pazifist, wohl wahr!

Der Bezug auf "Den Graben" ist nicht primär, eher das Postulat auf
Entwicklungen. Danke für Deine Gedanken!

Lg Jorsch

Liebe Heliane,

ich habe auch keine pauschale Lösung, jedoch sollte man/frau
den Mund aufmachen und sagen was man denkt. Unsere Waffe
ist das Gedicht. Es hat Kräfte die oftmals unterschätzt werden,
besonders in Zeiten der Not und der Beträngnis!

Übrigens fand ich das Gedicht im Duden als Beispiel für "wart",
dann habe ich nachgeschlagen und fand einen Bezug. So kann
auch ein Gedicht entstehen.

Danke für Deinen Einwurf, LG Jorsch

Lieber Jorsch,

vermutlich sind die meisten Menschen über die allgemeine Lage stark irritiert, es ist als sei eine böse große Wolke aufgezogen und weckte verstärkt die niedristen, weil materiell und rassistisch, religiös orientierten Unwerte.
Es ist leicht, Ängste zu schüren. Wenn nur die Leute, die darauf hereinfallen auch selbst denken könnten, würde das Kartenhaus zusammenfallen.
Vielleicht ändert das Gedichte schreiben nichts an der Gesamtlage, aber es hilft auf jeden Fall dem Schreiber.

Liebe Grüße,
Heidi

Liebe Heidi,

zuweilen lese ich meine Gedichte öffentlich und ich habe nicht
das Gefühl das es nicht durchscheint. Manchmal ist es auch nur
ein Dialog der entsteht. Die Meinungen sind sehr verschieden.
Die Strophen 2 -7 können erweitert interpretiert werden, v.a.
wenn man über "Dunklen Soßenbinder" nachdenkt.

Danke für Deine Gedanken Lg Jorsch