Abendwehen

Der Abendwind spielt zart mit den Gedanken,
ein mildes Wehen setzt sich träumend fort,
denn Schicksalsfäden spinnen immerfort,
fast scheint es mir, als machten sie mich wanken.

Das Dunkeln hat mich schon ganz leis umfangen,
es sinkt die Nacht und Farben all verblassen.
Schon wollen vage Ängste mich erfassen,
des Herzens Unruh füllt mich ganz mit Bangen.

Wie kann ich Mensch denn alles nur begreifen,
wie soll ich nur an all den Dingen reifen,
die mich umgeben und geschehen immerfort.

Wie läuft das Leben und wo will es enden,
was hab ich Mensch denn dann in meinen Händen,
doch bleibst alleine Du mein sichrer Hort.

Hallo Klatschmohn,

ein sehr ernstes, besinnliches Gedicht.

Solche Gedanken kommen eher am Abend, in der Dämmerung, kurz vor der nächtlichen Dunkelheit.

Fragen nach dem Sinn - nach dem Woher und Wohin.

Niemals werden wir alles begreifen, erkennen, erklären können - das Leben wird in seinem tiefsten (oder höchsten) Wesen immer ein Geheimnis bleiben.

Das einzige, was wir tun können, ist - zu leben,
ob wir nun auf Gott vertrauen oder nicht.

Eine kleine Anmerkung: Es muss vage Ängste heißen.

Sehr gerne gelesen und philosophiert,

Michael

Lieber Michael,

das „vage“ ist mir auch irgendwie aufgestoßen, dann habe ich es wieder vergessen. Danke für deine Korrektur.

Manchmal ist mir ein Abend draußen richtig unheimlich, denn da kommen manchmal Gedanken und Gefühle auf, die einen lange nicht mehr loslassen und die im geschäftigen Tag wenig Platz haben.
Oder auch gerade bei Nacht, wenn man zu den Sternen schaut. Das ist einfach zu groß.
Vielen Dank für Dein Lesen, Überdenken und Kommentieren.

Liebe Grüße, Heidi

liebe Heidi
eine kleine Kostbarkeit habe ich hier gefunden. Dieses Gedicht habe ich zum 3. mal gelesen und kann Dir nun erst darauf antworten. Ich glaube, es gibt Gedichte, die sind nicht zum diskutieren geeignet. Dieses ist eines davon. Ich kann es nur für mich aufnehmen und in meine Gefühlswelt unterbringen.
Es braucht Platz und Ruhe um sich in mir auszunehnen und mich mit zu nehmen.
Ja es ist eine Kostbarkeit den Abend so wahr zu nehmen.
Vielen Dank dafür

herzlich zu Dir Ilona
Ps. ich versuche immer klar und nach den festgelegten Maßstäben "wie kommentiere ich richtig" meine Kommentare zu schreiben. Es gelingt mir zu selten, mein Manko, ich schreibe mit dem Herzen, verzeihe mir bitte.

Liebe Ilona,

bei dem was Du zu meinem Gedicht gesagt hast, fühle ich mich vollkommen verstanden. Vielen Dank!
Ich denke nicht, dass man immer alles interpretieren muss, sondern man kann ein Gedicht einfach auf sich wirken lassen und das kann man so auch rüberbringen.
Ich glaube doch, dass wir alle uns bemühen angemessen zu kommentieren und freu mich darüber.
Lästige Spam Antworten sind in unserem Forum nicht viele zu finden. Das macht ein schönen Gesamteindruck.
Noch kurz was: auszunehnen, soll das auszudehnen heißen?

Allerherzlichsten Dank für deinen Kommentar,
Heidi

liebe Heidi,
ja natürlich soll es auszudehnen heißen, da war ich mit meinen Gedanken schon weiter.
Lieben Gruß Dir
Ilona

Hallo Klatschmohn,

ein Sonett, und ein sehr schönes. Das Ich sitzt in der Dämmerung im Garten, die Glut des Tages ist gewichen, ringsum Stille, und da fängt man an, über Dinge nachzudenken, für die man tags keine Gelegenheit hat.
Die großen Dinge des Lebens sind plötzlich Thema, man fühlt sich sehr allein und weiß doch, da ist einer, auf den man bauen kann.

Zum Formalen nur ein kleiner Hinweis: Das originale Sonett kennt in den beiden Quartetten nur zwei Reime, was meint, im zweiten Quartett wird der Reim wiederholt. Aber ich habe schon öfter die Form mit vier Reimen, wie du sie geschrieben hast, gelesen, ob das in Ordnung ist, kann ich nicht einschätzen. Vielleicht solltest du auch überlegen, den Gedankenstrich in der letzten Verszeile rauszunehmen, das nimmt die Dramatik. Also: Doch bleibst alleine du mein sichrer Hort. Wobei das Wort "Hort" ja auf die Sicherheit hinweist, vielleicht auch ein anderes Wort für "sichrer"?

Priska

Liebe Priska,

sicherlich war es ein ähnlicher Abend an dem ich das Gedicht geschrieben habe. Es ist kein Aktuelles, dafür ist es hier noch zu kühl und ich sitze abends drin.
Vielen Dank für den Hinweis auf den Gedankenstrich, der kann da wirklich weg.
Zu den Sonetten, ja ich habe auch schon beide Varianten gelesen. Leider weiß ich nicht mehr warum ich es damals mit vier Reimen gemacht habe, aber es war sicher irgendwie wichtig für mich.
Vielen Dank für Deinen präzisen und ausführlichen Kommentar.
So sollte eine Kritik wohl aussehen.

Herzliche Grüße, Heidi