Der Sommer steht mit seinem warmen Tag
von einem kühlen Wind umweht im Garten.
Ganz seltsam liegt auf allem Grün ein Warten,
wo gestern noch ein reges Reifen lag.

Als ob die Zeit im Laufe innehält,
des Universums Fundamente wanken,
doch nein, es sind ja letztlich nur Gedanken,
die still entführen aus dem Ist der Welt

in ein Was-wäre-wenn der Phantasie,
in dem die wundgefragte Seele badet,
um schließlich mit dem falschen Trost begnadet
zurückzusinken in die Apathie.

Im Lufthauch zittert sacht ein Eschenblatt.
Es schweigt, nimmt hin und lässt sich friedvoll treiben,
wird voll Geduld an seinem Baume bleiben,
bis Herbstwind es vom Zweig gebrochen hat.

Lieber Galapapa,

Die Reime treffen meine wundgefragte Seele und ruhen ganz in sich.

Ich glaube, ich hätte ein Espenblattt erzittern lassen, aber das ist sicher Geschmacksache ....

So oder so habe ich die Zeilen aufgesogen...

Anna

Liebe Anna,
danke für Deinen Kommentar!
"Erzittern" wäre auch mir lieber, aber es passt weder metrisch noch in der Betonung in den Vers.
Denkbar wären auch "schwingen", "baumeln", "taumeln" oder "flattern". Veilleicht hast Du ja noch einen Vorschlag.
Ich bin gern bereit, das noch zu ändern.
Liebe Grüße!
Charly

Charly ,

Ich meinte eigentlich das Espenblstt statt des eschenblattes....

Wie wärs mit erbebt ?

Liebe Grüße

Anna

Lieber Charly,
es liegt schon eine seltsam verhaltene Stimmung in solchen heißen Tagen. Für mich eher ein aufgezwungener Stillstand, von dem ich mich erst an kühlen Tagen erholen kann.
In deinem Gedicht ist der Blickwinkel umgedreht.

gut eingefangene Stimmung

liebe Grüße vom Herbstblatt

Liebe Anna,
entschuldige, das hatte ich völlig übersehen wegen der Ähnlichkeit der Namen.
"erbeben" hat die gleiche Silbenzahl und Silbenbetonung wie "erzittern" und würde auch nicht passen.
Mir liegt auch sehr an der Esche, denn das ist mein Lieblingsbaum und ich habe zwei davon in meinem Garten.
Einen davon habe ich gesehen, als ich den Text geschrieben habe. Eschen haben gefiederte Blätter, die auch manchmal im Wind hin- herzittern können.
Du bist mir sicher nicht böse, wenn ich es jetzt einfach so stehen lasse.
Liebe Grüße!
Charly

Liebes Herbstblatt,
den Stillstand, von dem Du schreibst, kenne ich auch. Man meint, man müsse den Atem anhalten.
Der Stillstand im Text ist ja nicht vom Wetter ausgelöst, sondern von Gedanken.
Es ist einfach so ein luftiger Sommertag und das Leben ist im Fluss, bis ein Gedanke alles scheinbar zum Stillstand bringt...
Danke für Dein Lob!
Liebe Grüße!
Charly

Lieber Galapapa,

meisterhaft hat du das Verhältnis von Außen und Innen skizziert, das naturgegebene Sosein und das innere Erleben, das interpretiert, ohne auch nur einen Deut ändern zu können. Das zurücksinken in Apathie ist vorprogrammiert, die wundgefragte Seele, die sich durch Phantasiebäder kurieren möchte, gibt sich mit falschem Trost zufrieden. Einerseits schilderst du gekonnt in den äußeren Strophen (1. und 4.) das Naturgeschehen in seinem vorgegebenen jahreszeitlichen Ablauf, andererseits beobachtest du in den inneren Strophen die Wirkung auf die menschliche Seele.

Sehr gelungen und sehr gerne gelesen und darüber nachgedacht

Gruß Carlino

Hallo Carlino,
...und sehr treffend interpretiert und analysiert. Da hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen, wie man so schön sagt.
Danke für Deine Gedanken und Dein Lob!
Herzlichen Gruß!
Charly

Lieber Galapapa!

Ich hole es noch einmal ganz nach vorne, da es dir so wunderschön gelungen ist und mich auch an Rilke erinnert (Sprachmelodie, Rhythmus, Wortwahl).

Gut gemacht!

Grüße von Sanssouci

lieber Galapapa

auch ich habe es jetzt erst gelesen.
Ich finde es wunderbar.

herzlich Ilona

Hallo Carlino,
...und sehr treffend interpretiert und analysiert. Da hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen, wie man so schön sagt.
Danke für Deine Gedanken und Dein Lob!
Herzlichen Gruß!
Charly

Hallo Sanssouci,
danke für Dein großes Lob! Mit Rilke würde ich mich allerdings nie messen wollen, das ist eine andere Liga.
Deine Worte sind tröstlich, da ich mich in einer großen Krise befinde.
Nochmals danke und liebe Grüße!
Charly

Liebe Ilona,
auch Dir sage ich meinen herzlichen Dank für Lob und Kommentar!
Liebe Grüße!
Charly

Lieber Charly,
wenn es Sommerzeit ist, im Musengarten, lohnt sich für mich stets ein Ausflug zu deinen Gedichten. So geht es mir auch mit "Wundgefragt". Deinen poetischen, tiefen Gedanken zu folgen, in deine Naturbilder einzutauchen, während eigene Frage im Kopf schon lange Karussell fahren, eröffnet mir scheinbar eine Verbindung zu deinem möglich Empfinden, aus dem heraus das Gedicht entstand. Die Ruhe deiner Gedanken ist wohltuend, taugen die Bilder zwar auch dazu die sommerliche Leichtigkeit zu vertreiben. - Ein wunderschönes Gedicht, das sich ruhig mit anderen guten Dichtern messen kann. Dass du dies ablehnst spricht für deine Bescheidenheit.
Mit besten Wünschen für dich.
der Sanderling

Lieber Charly,

zu recht hat Sanderling dein wunderbares Sommergedicht aus der Versenkung hervorgeholt. So etwas muss man immer wieder mal lesen!

In der Hoffnung, dass es dir gut gehen möge, viele Grüße aus Lüli
Karlheinz

Ja, lieber Galapapa,

du und deine Poesie - ihr fehlt mir beide hier im Garten... ich hoffe ebenfalls, dass es dir gut geht!

Liebe Grüße

anna a.